Technik - Testberichte


Gebrauchtkauf Honda VT 600 C Shadow
\ Bei mir liegen Sie richtig\
Raffiniert schlicht gibt sich der erste richtige Chopper von Honda. Die Shadow lebt von der Nachahmung der Harley, kann aber alles besser
Von Peter Limmert; Fotos:Jahn (2), Archiv
Lange Zeit malträtierte Honda die europäische Kundschaft mit ähnlichen Softchopper-Mißgeburten wie die übrigen japanischen Motorradhersteller. Erst als Suzuki 1987 mit Savage (LS 650) und Intruder (VS 750) das Chopper-Design mehr in Richtung Harley interpretierte, schlug auch Honda mit der Shadow in die gleiche Kerbe. Mit der Konsequenz, daß sich seit dem Debüt 1988 bis heute äußerlich nichts geändert hat - weil der Anspruch, das US-Original zu imitieren, ohne auf die Honda-Raffinessen zu verzichten, schon im ersten Anlauf glückte.
Als Antriebsaggregat dient der solide Transalp-Motor, ein wassergekühlter 52-Grad-V-Motor mit drei Ventilen und Doppelzündung, der seinerseits vom Tourenmodell VT 500 abstammte. Um die typische V2-Motorcharakteristik hinzubekommen, wanderten die beiden Pleuel im Gegensatz zur Transalp-Antriebsquelle auf einen Hubzapfen - damit wenigstens ein Hauch von Vibrationen das Herz des Shadow-Fahrers erwärmt. Zwar ist die Leistungsausbeute von ursprünglich 41 PS und ab 1991 in der offenen Version wegen strengerer Emissionsgesetze nur noch 39 PS relativ bescheiden, aber der mit einer zivilen Maximaldrehzahl von 6500/min drehende Motor läuft äußerst harmonisch.
Fahrwerksseitig gibt’s an der Shadow wenig zu kritisieren. Die Ingenieure von Honda waren vom Starrahmen-Design der Harley Softail von 1983 so nachhaltig beeindruckt, daß sie sich ebenfalls für eine Dreiecksschwinge entschieden. Lediglich das zentrale Federbein wanderte nicht wie beim Original unter das Kurbelhaus, sondern eine Etage höher parallel zur Fall-Linie der Seitendeckel. Auch die Form der Auspuffenden, des Luftfilter-Gehäusedeckels und des Scheinwerfers können und wollen die Ähnlichkeit mit dem Vorbild nicht verbergen. Warum allerdings Zündschloß und Choke an ähnlich unergonomischer, schwer zugänglicher Stelle sitzen, ist ein Rätsel.
Erfreulich dagegen, daß es ihm Fahrverhalten Unterschiede gibt. Die ziemlich genau getroffene Kopie der amerikanischen Legende fährt sich eindeutig angenehmer und weniger anstrengend als das Original. Obwohl die Shadow auch die Reifendimensionen der Softail imitiert, ja mit dem dicken Hinterradpneu von 170 Millimetern sogar noch übertrifft, gerät der Ausritt mit der eineinhalb Zentner leichteren Honda zum Kinderspiel. Mit dunkel blubberndem Sound und fast samtner Laufkultur zieht der kleine V2 unspektakulär, aber emsig voran. Für einen Chopper mit 1,60 Meter Radstand überraschend handlich und ruhig, führt die Shadow willig und akkurat alle Befehle des Fahrers aus, so daß sich auch Novizen auf ihr sofort wohlfühlen. Lediglich bei Tempi zwischen 120 und 140 km/h wird der Winddruck unangenehm, die bei gemächlicherer Gangart entspannte Sitzposition mit den moderat nach vorn gestreckten Beinen wird dann unangenehm. Der Shadow-Treiber sitzt dann ziemlich verkrampft in seiner Sitzkuhle und diese Position nicht wie bei einem Tourer variieren: Tribut an die Chopper-Ideologie.
Während die Gabel das Vorderrad bei Easy-Rider-Tempo ordentlich führt, ist die Hinterpartie problematischer. Auf nicht topfebener Wegstrecke schlägt das Federbein schon mal unversehens durch und filtert aufkommende Schläge nicht genügend weg, so daß die Erschütterungen das Kreuz auf Dauer ganz schön maltretieren. Zu zweit wird’s noch unkonfortabler, dann schlägt das Federelement permanent durch. Da ist das geringe Platzangebot im Soziusbetrieb das kleinere Problem. Völlig zufriedenstellend ist dagegen - im Gegensatz zu Harley - die Bremsanlage, die das Vorderrad gut, das Hinterrad trotz Trommel ausreichend verzögert.
Bei Modellen bis 1993 konnte es passieren, daß der Kupplungszug so verlegt war, daß er allmählich am rechten oberen Eck den Aluminium-Kühler aufscheuerte und dieser undicht wurde. Also darauf achten, daß der Zug scheuerfrei ist, um sich die Ausgabe für ein 450 Mark teures Neuteil zu sparen. Ansonsten erweist sich die Shadow als sehr zuverlässig. So wird in den Lesererfahrungen auch nicht von Schäden berichtet, dafür wenden die Besitzer jede Menge Phantasie auf, um ihre Shadow optisch aufzumotzen. Den größten Nutzwert hat da noch der Austausch des serienmäßigen Spritfasses, das bis Baujahr 1993 nur neun Liter, ab 1993 wenigstens elf Liter faßt. Auch höhere, breitere Lenker sind sehr beliebt. Wobei wegen der Kosten darauf zu achten ist, daß ein Lenkrohr drauf kommt, bei dem die Züge und Bremsleitung nicht verlängert werden müssen.
Ab 1996 ist zum bisherigen Vierganggetriebe ein fünfter Gang hinzu gekommen. An der Endübersetzung änderte sich aber nichts, die ist bei beiden Versionen, speziell beim 34-PS-Modell, etwas lang geraten. Lediglich die ersten vier Gänge liegen beim neuen Getriebe dichter beieinander.
Zu den Preisen. Die gute Nachricht: Die meisten VT 600 C, die angeboten werden, haben Kilometerleistungen zwischen 10 000 und 20 000 - eine Laufleistung, bei der der Shadow-Motor erst richtig frei wird. Die schlechte Nachricht: Selbst vier bis fünf Jahre alte VT 600 mit diesem Kilometerstand sind kaum für unter 8500 Mark zu haben. Selbst ziemlich zusammengerittene Exemplare der Jahrgänge 1988 bis 1990 gehen immer noch für zirka 5000 Mark weg. Der Trost: immer noch wesentlich billiger als das Harley-Original. Und mit einem gelungenen Chopper wie die kleine Shadow liegen vor allem auch Anfänger richtig.
Lesererfahrungen
 
Techniktips, um die Lebensdauer der Shadow zu steigern, interessiert die Honda VT 600-Bummler weniger. Aber umbauen, davon können sie nicht genug kriegen.
 
Im März 1995 erwarb ich eine neue offene Honda VT 600 C. Grund zum Kauf war die Optik und die niedrige Sitzhöhe, da ich nur 1,62 Meter groß bin. Als Zubehör spendierte ich ihr einen elektronischen Drehzahlmesser, Sturzbügel und einen Öltemperatur-Anzeiger. Bei der Erstinspektion ließ ich einen Scott-Oiler anbauen. Er arbeitet sehr effektiv und ist sparsam im Verbrauch, das lästige Kettenfetten entfällt. Der Behälter wurde erst bei zirka 7000 Kilometern neu aufgefüllt. Bis heute hat die Shadow 10 200 Kilometer auf dem Tacho. Der Motor läuft seidenweich, knapp über Leerlaufdrehzahl nimmt er sauber Gas an. Der Durchzug ab 50 km/h im letzten Gang könnte besser sein. Der Geradeauslauf ist prima, an das kippelige Verhalten in langsam gefahrenen Kurven habe ich mich gewöhnt. Bei schlechten Wegstrecken schlägt das Fahrwerk unangenehm durch. Kurze Touren mit Geschwindigkeiten bis 100 km/h machen durchaus Spaß. Längere Etappen oder gar Autobahnfahrten sind sehr anstrengend und strapazieren auf Dauer die Hals- und Nackenmuskulatur. Die choppermäßige Sitzhaltung fordert ihren Tribut, der Steiß schmerzt.
Angelika Brunken, Bremen

Meine VT 600 C kaufte ich nach langem Vergleich und Testfahrten im Oktober 1993. Mittlerweile zeigt der Tacho 30 200 Kilometer an. Der 39-PS-Motor arbeitet ohne jegliche Probleme. Trotz des akzeptablen Verbrauchs zwischen 4,5 und 6,5 Litern sorgte der zu kleine Tank schon häufiger für unfreiwillige Spaziergänge neben der Autobahn. Im Herbst 1994 entdeckte ich dann am Heck Risse im Kunststoff, die wohl von den nicht ganz paßgenauen Kofferträgern herrühren. So entstand mein Entschluß, die ganze Maschine umzubauen, um sie optisch interessanter zu gestalten. Neben einem neuen Heckteil bekam sie einen 24-Liter-Tank, der nun auch 400 Kilometeretappen ohne Pause möglich macht. Obendrein wurde ein Drag-Bar-Lenker montiert, der zusammen mit Seeger-Fußrasten auch auf langen Touren für eine angenehme Sitzposition sorgt. Das zu weiche Federbein tauschte ich gegen ein härteres aus, wodurch die Maschine auch zirka sechs Zentimeter tiefergelegt wurde, was der Optik sehr zuträglich war. Bei den vorderen Bremsbelägen habe ich die Erfahrung gemacht, daß es sich durchaus rentiert, ein paar Mark mehr für die Originalbeläge zu investieren.
Thomas Witte, Abstatt

Meine VT 600 erwarb ich 1993 gebraucht mit 3500 Kilometern für 10 000 Mark. Im Laufe der Zeit baute ich die Maschine nach meinen Bedürfnissen um. Vorverlegte Fußrasten von Fischer, Tieferlegung von HM, Harley-Tank,Hypercharger-Luftfilter, seitliches Kennzeichen, Porker-Pipes-Auspuff und vieles andere im Eigenbau. Jetzt habe ich 278 000 Kilometer auf dem Tacho. Mein Gebrauchttip: Nur bis Baujahr 1995 kaufen, das Fünfganggetriebe ab 1996 ist überflüssig.
Stefan Sauer, Hannover


Gekauft habe ich mir meine Shadow, Baujahr 1991, im Oktober 1993 mit 12 200 Kilometern. Folgende Verschleißteile wurden bisher ( 34 300 Kilometer) ausgewechselt: Kettenkit (Regina-Gold, O-Ring) bei 20 000 , neue Reifen bei 26 000 Kilometern (Dunlop F 24 vorn und K555 hinten), außerdem Ventile einstellen bei Tachostand 29 400. Natürlich wurden auch Veränderungen vorgenommen: Custom-Streetbar-Lenker sowie Minispiegel und Aufpolstern der Sitzbank, Auspufftüten HD-Style von AME, Tacho seitlich verlegt, Tieferlegung von HM, Heckumbau mit Eigenbau-Nummerschild-Halterung. Insgesamt unproblematisches Fahrverhalten, bei schnellerer Kurvenfahrt etwas schwerfällig, Motorleistung bei Paßfahrten mit Urlaubsgepäck eher zu knapp, schlechtes Kaltstartverhalten, Vorderradgabel zu weich (Gabelöl SAE 40 schafft Abhilfe), Chromqualität gut. In drei Jahren keinerlei Ausfälle, super.
Stefan Herzog, Weidenbach
 
 
 
 
Honda VT 600 C

Technische Daten

Motor

Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-V-Motor, Zylinderwinkel 52 Grad, je eine obenliegende kettengetriebene Nockenwelle, drei über Kipphebel betätigte Ventile pro Zylinder, gleitgelagerte Kurbelwelle, kontaktlose Zündanlage mit elektronischer Zündverstellung, zwei Keihin-Gleichdruckvergaser, 0 34 mm, Drehstromlichtmaschine 345 Watt, Batterie 12V/8Ah, E-Starter.

Bohrung x Hub 75 x 66 mm

Hubraum 583 cm3

Verdichtungsverhältnis 9,2 : 1

Nennleistung 39 PS (29 kW) bei 6500/min



Kraftübertragung

Primärantrieb über Zahnräder, Mehrscheibenkupplung im Ölbad, klauengeschaltetes Vierganggetriebe, Sekundärantrieb über O-Ring-Kette.


Fahrwerk

Doppelschleifenrahmen aus Stahlrohr, Telegabel, Lenkkopf kugelgelagert, Standrohrdurchmesser 39 mm, Dreiecksschwinge nadel-/kugelgelagert, Zentralfederbein, Federbasis fünffach verstellbar, Einscheibenbremse mit Doppelkolbensattel vorn, 296 mm, Trommelbremse hinten, 160 mm, Speichenräder.

Federweg vorn/hinten 146/90 mm

Felgengröße
vorn 2.15 x 19
hinten 3.50 x 15
Reifengröße
vorn 100/90 H 19
hinten 170/80 H 15


Maße und Gewichte

Lenkkopfwinkel 55 Grad

Nachlauf 165 mm

Länge 2340 mm

Radstand 1600mm

Sitzhöhe 690 mm

Lenkerbreite 730 mm

Tankinhalt/Reserve 11/1,9 Liter

Gewicht vollgetankt 216 kg

Zul. Gesamtgewicht 397 kg


Service Daten

Service-Intervalle alle 6000 km

Ölwechsel mit Filter alle 12 000 km

Motoröl SAE 15 W 40

Füllmenge
mit/ohne Filter 2,4/2,2 Liter

Zündkerzen NGKDPR 8 EA-9

Telegabelöl ATF-SAE 10 W

Füllmenge je Holm 463 cm3

Ventilspiel kalt Einlaß 0,15 mm
Auslaß 0,20 mm

Testwerte

Höchstgeschwindigkeit solo/mit Sozius
150/140 km/h

Beschleunigung 0-100 km/h solo/mit Sozius
7,9/10,0 sek

Verbrauch 5,0 Liter

Kraftstoff Normal bleifrei
Ersatzteil-Preise

Sturzteile
Kupplungs-Armatur 71 Mark
Handbrems-Armatur 374 Mark
Lenker 242 Mark
Rückspiegel 92 Mark
Blinker vorn 72 Mark
Tachometer 498 Mark
Gabelstandrohr 320 Mark
Schutzblech vorn 239 Mark
Vorderrad 827 Mark
ein Schalldämper 1254 Mark
Tank, lackiert 852 Mark
Rahmen komplett 2567 Mark

Verschleißteile
Kettenkit 300 Mark
Bremsbeläge vorn/hinten 113 Mark
Kupplungsbeläge, ein Satz 112 Mark
Bremsscheibe vorn 497 Mark
Luftfilter 75 Mark
Ölfilter 16 Mark
Stärken und Schwächen

Stärken

Laufruhiger, elastischer Motor

Geringer Verbrauch

Niedrige Sitzposition




Schwächen

Hinteres Federbein ungenügend

Zu kleiner Tank

Kettenpflege zu umständlich (Fehelender Hauptständer)

Test in MOTORRAD1

Fahrbericht 7/1988

Test 1/1989

Vergleichstest 11/1990

Kurztest 3/1994

Vergleichstest 15/1996

Vergleichstest 3/1997

Reifenfreigaben Typ PC 21

vorn hinten
100/90-19 57 S 170/80-17 77S M/C
Keine Markenbindung




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Keine Markenbindung




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